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Mein Körper - Freund oder Feind?

Es ist noch nicht so lange her, daß ich mich im Spiegel betrachten konnte und mit meinem äusseren Erscheinungsbild im Reinen war. Ich habe es geschafft, bestimmt 35 Jahre meines Lebens einen wichtigen Teil dieses Daseins zu ignorieren und zu hassen. Ich bedachte ihn mit Schimpfworten, unguten Gedanken, hasste sein Aussehen und seine unschlanke Erscheinungsweise. Und obwohl ich all die Jahre so schlecht mit ihm umgegangen war, hat er mich geliebt.
Er funktionierte, bescherte mir viel Freude (die ich tunlichst schnell vergaß) und wurde einfach nicht krank. Als Kind hatte ich einen fetten Panzer um mein Herz gepackt, ein Schutz, der allerdings dann verschwand als ich neugeboren aus der Pubertät herausflutschte. Interessanterweise war der Gedanke an das „Dicksein“ aber nicht verschwunden. Dem zugrunde lag ein genereller Hass auf dieses Leben, der sich darin zeigte, daß ich eben diesen Teil des Lebens, was mich scheinbar in der festen, kalten, schweren Materie hielt, zutiefst ablehnte.

Nur beim Tanzen konnte ich der Schwere entfliehen, und obwohl mein Körper auch hier wundersames bewirkte, waren meine Gedanken voller Mißtrauen und manchmal gar Abscheu.

Nun begann ich Gottseidank die Suche nach den Ursprüngen meiner Lebensunlust und dem Hadern mit der Körperlichkeit. Und durch all die Jahre zeigte mir mein Körper, welches Problem sich jetzt gerade verabschieden wollte.
Zuerst hab ich die Sprache nicht verstanden, habe nicht zugehört, nicht dem vertraut, was in materiellem Leben mit am wichtigsten ist: Der Sprache meines Körpers. Irgendwann bemerkte ich, daß es kleine Zeittore gab, die bestimmte Angewohnheiten leichter loslassen halfen. Zuerst war es das Fleisch, die Zigarette, Fisch, Alkohol. Ich bemerkte, daß es einen bestimmten Impuls gab, den es wahrzunehmen galt. Wenn ich dem Impuls meines Körpers folgte, jetzt mal nicht automatisch zu Zigarette oder Wein oder Fleisch zu greifen, verschwand die Lust darauf. Ich mußte diesen Impuls nur eine Woche lang mit meinem Willen unterstützen, denn die eingefahrenen Strukturen funktionierten ja noch, aber die sind veränderbar.So ließ ich nach und nach bestimmte Angewohnheiten los, die mein Körper nicht haben wollte. 
Ausser den Süßigkeiten, wobei ich mir aber bewußt bin, daß ich die Impulse diese Sache auch loszulassen einfach ignoriere. Interessanterweise arbeitet der Körper problemlos weiter, obwohl ich ihn mit Twix und M&Ms vollstopfte.
Schließlich lernte ich jemanden kennen, der sich seit Jahren von NICHTS ernährte. Womit eigentlich klar wurde, daß der Körper ausser Zuwendung und Liebe keine andere sichtliche Energie benötigt. Und wenn ich ihn wirklich liebe, kann ich ihn sogar mit Mist füttern, und es stört nicht einmal. 

Mir wurde bewußt, daß mein Körper mich liebte, denn nach all den Jahren des Mißachtens und Ignorierens, der bewußten Beschimpfung und Bewertung, hielt er zu mir und trug mich tapfer durch die Zeiten. Ich beobachte wie er funktioniert, wie er mir Spaß bringt und warum er manchmal eine Pause oder Ruhe braucht. Ich ließ mich auf das Gespräch mit ihm ein, denn mir wurde bewußt, daß ein Geistwesen ohne Körper kein erfülltes Leben in dieser Welt haben kann. Mittlerweile weiß ich, wie wundervoll dieses Dasein ist, und wie sehr ein geistiges Wesen ein Leben IM Körper liebt. Denn in den Höhen anderer Dimensionen ist es nicht möglich, sich derart anzufassen, berühren, zu umarmen. Es gibt keine sexuelle Vereinigung, die nur wir irdisch gebundenen Wesen in dieser Intensität erfahren können. Es gibt nicht den Schmerz, das Fühlen, so wie wir es erfahren dürfen. Der Körper ist unser Vehikel, der Tempel unserer Seele, das letzte Glied in einer Kette voll wunderbarer Lebenskraft, die von „Alles was ist“  bis in unsere Fußspitzen reicht.

Ich liebe diesen Körper, der mir heute so liebevoll dient, der mich in die schönsten Momente führt und der sich in dem Augenblick, in dem ich ihn liebe so zeigt und verändert, wie ich ihn haben möchte. Es ist erstaunlich, wie sehr sich zum Beispiel die kleine Ansammlung weicher Masse an der Hüfte verändern kann. Habe ich einen schlechten Tag und denke:“Oh Mann, jetzt hab ich schon wieder zugelegt...“, fühlt es sich auch so an und die Hose passt nicht, was das Gefühl wiederum verstärkt. Bin ich aber wieder in meiner Mitte und gelassen, fühle meinen Körper und erkenne, daß dieser Hüftspeck eigentlich nur eine Illusion ist, wandelt sich -oh Wunder- die Wahrnehmung und schrillerweise auch der Körper: Und die Hose passt wieder. Es ist alles nur eine Frage des Bewußtseins und des Gedenkens darüber. 

Jetzt wo ich meinen Körper und somit das Leben liebe, verändert er sich zusehends. Meine Jugendlichkeit bleibt und wenn ich tanzen gehe, fliegt mein Körper nur so dahin. Ich habe mehr Kondition als je zuvor in meinem Leben, nur weil ich das Leben und den zwingend dazugehörenden Körper endlich liebe. Das Alter und Krankheit sind nur Schöpfungen unserer Angst. Der Körper lebt unendlich, und voller Kraft, wenn wir ihn einfach nur lassen, ihn lieben und ihm zuhören. 

Und wir sollten uns alle mal öfter umarmen. Die da oben können das nämlich nicht...

Herzliche Grüße, Mario Walz




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